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Für und Wider eines eigenen Kindes: Der Leipziger Fragebogen zu Kinderwunschmotiven (LKM)

Die in Deutschland zu verzeichnenden niedrigen Geburtenraten sowie die Zunahme kinderloser Ehen und Partnerschaften waren Ausgangspunkt für die Neuentwicklung eines Fragebogens zur Erfassung von Kinderwunschmotiven. Der Leipziger Fragebogen zu Kinderwunschmotiven (LKM) umfasst 20 Items, wobei jeweils fünf Items einer der vier faktorenanalytisch konstruierten Skalen "Emotionale Stabilisierung und Sinnfindung", "Persönliche Einschränkungen und Probleme", "Soziale Anerkennung und Identitätsbildung" sowie "Unzureichende materielle und sozi- ale Unterstützung" zugeordnet werden. 

 

Problemstellung

Deutschland gehört heute zu den Ländern mit den niedrigsten Geburtenraten. Neben sinken- den Geburtenzahlen lässt sich in den letzten Jahrzehnten eine stetig abnehmende Zahl von Mehrkindfamilien und ein Anstieg kinderloser Ehen und Partnerschaften konstatieren (vgl. Dorbritz & Schwarz, 1996; Huinink & Brähler, 2000). Kinderlosigkeit hat sich damit in Deutschland zu einer bedeutsamen demographischen Einflussgröße entwickelt. Sowohl die Entscheidung für, als auch die gegen ein eigenes Kind wird dabei in hohem Maße durch motivationale Prozesse determiniert. Durch die Verfügbarkeit vergleichsweise sicherer empfängnisverhütender Mittel und der sich dadurch ergebenden besseren Planbarkeit von Schwangerschaft und Elternschaft stellen motivationale Faktoren und die daraus resultierende Intention, ein Kind zu zeugen und zu gebären (d.h. der Kinderwunsch), entscheidende Determinanten der letztlich realisierten Kinderzahl dar (vgl. Gloger-Tippelt, Gomille & Grimmig, 1993). Dabei haben sich die Motive, Kinder zu bekommen, im gesellschaftshistorischen Kontext der letzten Jahrzehnte stark verändert haben. Während Kinder früher überwiegend aus extrinsischen Motiven "ange schafft" wurden, sind es heute stärker intrinsische Motive (z.B. nach Selbstverwirklichung) die die Realisierung des Kinderwunsches determinieren. (vgl. Gloger-Tippelt et al. 1993; Schnee- wind & Vaskovics, 1997). Durch die zunehmende Pluralisierung und Individualisierung der Lebensformen in unserer Gesellschaft werden heute weder Ehe noch Elternschaft als normativ vorgegebene, selbstverständliche Lebensperspektive, sondern vielmehr als Gegenstand freier Wahl und individueller Lebensentscheidung interpretiert. Darüber hinaus wird "Kinder-Haben" immer häufiger im Zusammenhang mit den sich daraus potentiell ergebenden ökonomischen Nachteilen und persönlichen Einschränkungen gesehen. Der bewusste Verzicht auf eigene Kinder erweist sich immer öfter als die Antwort auf die Erfordernisse einer modernen, individualisierten Lebensgestaltung (vgl. Schneider, 1996). Obwohl inzwischen eine ganze Reihe von Studien zu psychologischen Aspekten des Kinderwunsches und der Kinderwunschmotivation vorliegt (vgl. Gloger-Tippelt et al., 1993; Kühler, 1989; Stengel, von Rosenstiel, Oppitz & Spieß, 1983), muss der Erkenntnisstand zu diesem Thema nach wie vor als unbefriedigend eingeschätzt werden. Dies ist zu einem nicht unwesentlichen Teil auch auf Probleme bei der Operationalisierung des Kinderwunsches und der Kinderwunschmotivation zurückzuführen. Bisher existieren im deutschen Sprachraum nur vergleichsweise wenige standardisierte Instrumente zur Erfassung des Kinderwunsches und der Kinderwunschmotive (Brüderl, 1990; Hölzle, 1990). Wesentliches Ziel unserer eigenen Bemühungen war es, ein zuverlässiges und valides Selbstbeurteilungsinstrument zu entwickeln, das es ermöglicht, neben intrapsychischen und selbstbezogenen auch soziokulturell und gesellschaftlich bedingte Kinderwunschmotive zu erfassen. Gleichzeitig sollte dieses Instrument zeit- ökonomisch einsetzbar sein, um sowohl in der klinischen Praxis als auch bei Teilnehmern um- fangreicherer Studien eine hohe Akzeptanz zu gewährleisten. Darüber hinaus war angezielt, mit dem neu entwickelten Fragebogen sowohl Motive für als auch gegen ein eigenes Kind erfassen zu können. Damit sollte der zentralen Bedeutung von Kosten-Nutzen-Kalkulationen im Sinne des Abwägens der Vor- und Nachteile eigener Kinder für die Kinderwunschmotivation Rech- nung getragen werden (vgl. Fawcett, 1988; Hoffman & Hoffman, 1973). Weiterhin sollte der Einfluss soziodemographischer Variablen auf die Motive für oder gegen ein eigenes Kind untersucht werden. Da der in den neuen Bundesländern nach der deutschen Wiedervereinigung zu beobachtende Geburtenrückgang ein wesentlicher Ausgangspunkt unserer Fragebogenentwicklung darstellte, sollten potentielle Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kinderwunschmotive in den alten und neuen Bundesländern in unserer Untersuchung dabei eine wesentliche Rolle spielen.

Quelle: Diagnostica 47 (2001) 96-106
Elmar Brähler 1, Yve Stöbel-Richter 1 & Jörg Schumacher 2 1 Universität Leipzig, Selbständige Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie 2 Universität Leipzig, Institut für Angewandte Psychologie, Klinische und Gesundheitspsychologie
http://www.uni-leipzig.de/~gespsych/material/lkm.pdf.

    

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