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Über den Sinn der EifersuchtZunächst ein Trost: Eifersucht trifft fast jeden. Sie ist eine «zutiefst menschliche Eigenschaft», beruhigt der US-amerikanische Evolutionspsychologe David M. Buss. Das Grundgefühl, den meist sich langsam einschleichenden und dann immer stärker nagenden Verdacht der Untreue des Partners, kennen die meisten. «Das hat einen guten Zweck», sagt Wissenschaftler Buss. Eifersucht sei eine über Millionen von Jahren erfolgte «Adaption», eine genetisch verankerte Anpassungsfunktion des Menschen, schreibt er in seinem Buch «Wo warst du?». Sie sei kein Zeichen für Unsicherheit, Neurosen oder einen schwachen Charakter, sondern trage durchaus «zum Erhalt der Liebe» bei, indem man dem Partner deutlich mache, wie sehr man an ihm und der Beziehung interessiert ist. Auch die Psychologin Annette Schmitt lehnt es ab, per se von krankhaftem Verhalten zu sprechen. An der Universität Oldenburg forscht sie über das Erleben von Eifersucht: «Eifersucht ist ein Gefühl», betont Schmitt, «und Gefühle sind keine Krankheit.» Wann aus allgemeiner Sorge um den Fortbestand einer Partnerschaft Eifersucht wird, ist schwer zu definieren. Wachsendes Misstrauen und Verlustangst sieht Schmitt als wichtige Merkmale. Klare Symptome seien der Beginn von Überwachungsaktionen wie zeitaufwändiges Ausfragen des Partners, das Öffnen seiner Post, die Kontrolle der Anruflisten seines Handys. Auch körperliche Beschwerden seien möglich: Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit, Unruhe. «Eifersucht kann zu erheblichen Funktionsstörungen führen, so dass man an nichts anderes mehr denken kann, den Job vernachlässigt.» Dann sollte Hilfe bei einem Arzt oder Therapeuten gesucht werden. Weltweit hat David Buss Männer und Frauen befragt, fast alle haben «mindestens eine Phase intensiver Eifersucht durchgemacht.» 31 Prozent meinten, ihre Eifersucht sei «manchmal schwer zu kontrollieren» gewesen, 38 Prozent habe ihre Eifersucht sogar dazu getrieben, «jemandem wehtun zu wollen». Das weist auf die gefährliche Seite hin: Vor allem Männer neigen zu Gewalt, wenn sie sich betrogen fühlen. Eifersucht ist der Hauptgrund für körperliche Misshandlungen in der Ehe. Der US-amerikanische Gehirn- und Kognitionsforscher Steven Pinker hat festgestellt, dass die menschlichen Antennen für emotionales oder sexuelles Fehlverhalten des Partners erstaunlich sensibel sind. Die für von Misstrauen Geplagte schlechte Nachricht lautet: Oft steckt offenbar wirklich etwas dahinter, wenn sich bohrende Treuezweifel einstellen. «Auch wenn Eifersucht ein sehr menschliches oder, wie Buss sagt, sogar genetisch bedingtes Gefühl ist, ist eifersüchtiges Verhalten nicht unabänderbar», fasst Annette Schmitt zusammen. Niemand sei gezwungen, sich von seinen Eifersuchts- oder Verlustängsten beherrschen lassen. Es hilft, offen mit dem Partner darüber zu sprechen und in kritischen Fällen professionellen Rat zu suchen.
Quelle:David M. Buss, Wo warst du?, Diederichs 2001
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