Mehr als Kinder, Küche und Karriere -
Lebensthemen junger Frauen
Barbara Keddi / Patricia Pfeil / Petra Strehmel / Svendy Wittmann
Lebensthemen junger Frauen - die andere Vielfalt weiblicher Lebensentwürfe.
Eine Längsschnittuntersuchung in Bayern und Sachsen. Leske + Budrich, Opladen
1999 ISBN 3-8100-2263-2
Beruf und Familie sind längst nicht für alle jungen Frauen von zentraler
Bedeutung. Westdeutsche wie ostdeutsche Frauen folgen auch anderen Lebensthemen,
suchen eigene Wege, möchten ohne Kinder mit einem Partner leben oder
experimentieren mit unterschiedlichen Optionen. Die Ergebnisse einer
qualitativen Längsschnittstudie stellen gängige Annahmen der Frauen- und
Familienforschung vom doppelten weiblichen Lebensentwurf in Frage. Die Studie
wurde am Deutschen Jugendinstitut im Auftrag des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt.
Zentrale Ergebnisse Junge Frauen entwerfen und gestalten ihr Leben orientiert
an unterschiedlichen Lebensthemen. Bei einem Teil von ihnen stehen klassische
Lebensthemen im Mittelpunkt: Lebensthema "Familie" - "Mann mit
gutem Einkommen, zwei Kinder, Häuschen, das würde mich ausfüllen".
Familiengründung und Kinder haben in Planung und Umsetzung oberste Priorität.
Lebensthema "Doppelorientierung auf Beruf und Familie" - "Sich
im Beruf wohlfühlen und in der Familie und sich keine Gedanken machen müssen,
daß Beruf und Familie vernachlässigt werden". Beruf und Kinder werden
parallel geplant und gelebt.
Lebensthema "Beruf" - "Ich könnte niemals Hausfrau
sein". Im Vordergrund steht - unabhängig vom Ausbildungsniveau - die
berufliche Tätigkeit. Auch Kinderwünsche werden verwirklicht, wobei der
Partner stark in die Alltagsarbeit einbezogen wird.
Ein Teil der jungen Frauen hat dagegen keinen konkreten Lebensentwurf im
Kopf; Träume vom Haus im Grünen oder der großen Karriere spielen für sie
keine Rolle. Für sie sind ihre persönliche Entwicklung, ihre biographischen
Vorstellungen und Bedürfnisse, ihre Partner, Freundschaften und ihr Lebensstil
von Bedeutung: Lebensthema "Eigener Weg" - "Träume muß man auch
verwirklichen". Zentral sind Selbstentwicklung und Entfaltung eines eigenen
Lebensstils in allen Lebensbereichen; Kinder werden als Teil der
Selbstentwicklung verstanden, sind jedoch nicht selbstverständlich.
Lebensthema "Gemeinsamer Weg" - "Wenn ich jemanden
kennengelernt hätte, der nicht studiert hätte, hätte ich vielleicht nicht
studiert, so einfach ist das." Wesentlich sind Zweisamkeit und
Partnerschaft. Entscheidungen orientieren sich an einer gemein-samen Zukunft mit
dem Partner. Vorhandene vage Kinderwünsche werden nicht verwirklicht.
Lebensthema "Aufrechterhalten des Status quo" - "Ich habe
alles, was ich will". Das Leben ist im Gleichgewicht, die
Alltagsarrangements zufriedenstellend. Beruf, Auskommen, FreundInnen, manchmal
ein Partner sind vorhanden; es existieren weder ein Kinderwünsche noch andere
Lebensziele.
Lebensthema "Suche nach Orientierung" - "Irgendwann einmal
zufrieden sein". Bei vielfach ungünstigen Ausgangsbedingungen und
fehlenden Ressourcen steht der Versuch im Vordergrund, eigene Vorstellungen,
z.B. hinsichtlich des Berufs, einer Partnerschaft oder Familiengründung zu
entwickeln und umzusetzen. Die jungen Frauen treten jedoch auf der Stelle und
können ihre Wünsche nicht umsetzen.
Lebensthemen ziehen sich als "roter Faden" durch die
Lebensgestaltung der jungen Frauen. Biografisches Planen und Handeln, aber auch
Brüche und Problemkonstellationen werden durch die Kenntnis des Lebensthemas
nachvollziehbar.
Methodische Vorgehensweise In themenzentrierten Interviews wurden 125 junge
Frauen aus unterschiedlichen Regionen in Bayern und Sachsen zwischen 1991 und
1997 viermal befragt. Über einen inhalts-analytischen Zugang wurden ihre
Lebenssituationen, Vorstellungen, Entscheidungen und biografischen Verläufe
aufgeschlüsselt und das Konzept der Lebensthemen entwickelt.
Quelle: Barbara Keddi, Deutsches Jugendinstitut e.V. 1999. email keddi oder
strehmel@dji.de
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